Kinder-Optometrie

Betrachtet man das Wort, bedeutet es das Ausmessen der Korrektur von Kindern. Das ist in jedem Land unterschiedlich geregelt. Manchmal ist es gesetzlich zulässig, dass es der Augenarzt erledigt, manchmal darf es der Optiker. Das ist in jedem Land unterschiedlich geregelt und manchmal sogar in einem Land nicht einheitlich in allen Regionen.

Einige Optometristen haben Kinder als besonderes Potenzial erkannt und bewerben dies als ihre Kompetenz.

Persönlich finde ich die aktuellen Regelungen nicht schlüssig und teilweise ungünstig. So wie ich den Optometristen verstehe, kümmert er sich um das Messen, der Arzt kümmert sich um die Pathologie der Augen, aber keiner der beiden denkt an die Entwicklung der Sehorgane. Hier sind vermutlich der Orthoptist und auch der geübte Funktional-Optometrist besser geeignet oder vielleicht auch nicht.

Zur Messung von Kindern bedarf es eines grossen Einfühlungsver-mögens und einem hohen Mass an Verantwortung. Der Optometrist muss sich bewusst sein, dass er eine massgebliche Verantwortung für die Entwicklung der Augen trägt. Berufspolitische Hindernisse sind hier fehl am Platz.

Vor dem 8. Lebensjahr und damit vor der Stabilisierung der Binokularität gehört für mich zwingend ein Orthoptist und ein Augenarzt mit an Bord der Therapie. Das ist aber zugleich auch die grösste Herausforderung, weil sich diese Berufsgruppen oftmals nicht optimal verstehen. Das Wohl des Kindes hat dabei vermutlich keiner im Sinn.

Die Geräte und Einrichtung müssen ebenfalls angepasst werden. Ich denke, jeder versteht, dass Sehtest für Kinder und Erwachsene nicht gleich sein können. 

Es bleibt schwierig, zu entscheiden, wer wirklich ausreichend kom-petent ist für unsere Kinder. Ich persönlich komme zu dem Entschluss, dass es unmöglich eine Person sein kann, sondern immer inter-disziplinärer Austausch nötig ist. Für die Zukunft würde ich mir zwei neue Berufe wünschen, einen Kinder-Augenarzt und einen Kinder-Optometristen. Dafür benötigt es aber den Mut und die Einsicht der Verantwortlichen, das es nötig ist zu verstehen, dass Kinder und Erwachsene nicht gleich sind. Eine allgemeine Ausbildung zum Augenarzt und dann die Entscheidung sich um Kinder zu bemühen, sind meiner Ansicht nach nicht ausreichend. Ein Augenarzt mit angeschlossener orthoptischer und optometrischer Ausbildung, nach amerikanischem Stand der Visualtherapie, wäre sicherlich dienlich. Das würde den klassischen deutschsprachigen Ophthalmologen mit dem Orthoptisten kombinieren und wäre eine wunderbare Ergänzung für die Versorgung von Kindern.

Wolfgang Cagnolati und Andreas Berke haben bereits vor Jahren ein grossartiges Buch zur Kinderoptometrie herausgegeben, in dem sie speziell die Entwicklung und das Wachstum der Augen herausstellen. Weiter werden Pharmakologie, Augenerkrankungen und die spezielle Messung bei Kindern erklärt.

Da ich als Augenoptiker in Deutschland die klassischen Wege durch-laufen habe, weiss ich, dass man sich drei Jahre in der Ausbildung darum bemüht, eine Brille zu schleifen und richtig anzupassen. Die Meisterwürde erreicht man heute schon nach weniger als 6 Monaten Lehrzeit und für die Inhalte der Kinderoptometrie reicht eine Weiterbildung von 1-2 Tagen.

Persönlich finde ich die kindliche Entwicklung erheblich wertvoller und plädiere dafür, dass wir es schaffen diese in die Ausbildung zu implementieren. In Deutschland und in der Schweiz versucht man, sich in der Optometrie immer mehr der europäischen Akademisierung anzupassen, und bildet zunehmend Bachelor, Master und sogar Dok-toren der Optometrie aus. Keiner von diesen hat bisher Kinderopto-metrie als seriösen Bestandteil seiner Ausbildung. Es fehlt zudem vielen an der sozialen Kompetenz, um mit Kindern zu arbeiten. Hier müsste ein Casting vor der Spezialisierung stehen, um wirklich nur geeignete Kandidaten zu erhalten.

Das Messen von Kindern ist in der deutschen Augenoptik aktuell nicht endgültig reglementiert und so kommt es hierzulande immer wieder zu Mischformen auf Basis der persönlichen Erfahrungen des Optome-tristen. Mir ist ein Augenoptiker bekannt, der nach der klassischen Ausbildung zum Optiker sich in einem zweiten Schritt der Funktional-Optometrie genähert hat. Er wendet beide Disziplinen bei Kindern an. Diese Mischung aus zwei Religionen lassen den Kindern, wie ich finde mehr Möglichkeiten zukommen, als die absoluten Aussagen einiger anderer Berufskollegen. Es gibt aber einige sehr seriöse Studien, die vermuten lassen, dass eine MKH (Prismenversorgung) bei Kindern unge-nügend ist. Einige sprechen gar von Körperverletzung und Fahrlässig-keit.

Diese Methode wurde viele Jahre in den Fachhochschulen aktiv gelehrt. Das ist aber auf dem Rückzug, auch die Bildungseinrichtungen haben verstanden, dass diese Methode wissenschaftlich nicht fundiert und daher weder verifiziert ist, noch einer Falsifizierung standhält. Einige, meiner Meinung nach zu viele, Optometristen behaupten auch heute noch, sie können AD(H)S und LRS und viele andere Probleme von Kindern mit Prismen therapieren. Das ist unwissenschaftlich, aber manchmal erfolgreich.

Das Sehen ist eine Entwicklung und daher immer mit Training ver-bunden. Wenn Störungen behandelt werden sollen, muss auch eine Form von Visualtherapie erfolgen.

Bei der Messung von Kindern ist immer ein kindgerechtes Vorgehen erforderlich. Es muss im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe gearbeitet werden. Am besten ist es, wenn immer ein Elternteil anwesend ist, um das Kind zu betreuen und zu entspannen. 

Ich würde mich freuen, wenn Kinder in unterschiedlichen Stadien der Entwicklung auch unterschiedlich betreut werden. Babys und Klein-kinder bis 7 Jahre sind noch am Anfang der Entwicklung des Sehens. Die Entwicklungsstufen können stark schwanken, von Kind zu Kind. Daher muss das einzelne Kind immer auch Entwicklungsstufen relevant betreut werden. Das ist gar nicht so einfach, wie es tönt.

Korrektionen unter +0,5dpt bis +2,5dpt können, je nach Alter, schon als bevorstehende Myopie interpretiert werden. Eine präventive Massnah-me scheint vorteilhaft.

Zwischen 8 und 14 Jahren ist die Akkommodation und Konvergenz noch nicht vollständig ausgebildet, aber das Sehen hat schon eine sehr gute und stabile Phase erreicht. Die Technik muss angepasst werden, ist aber schon sehr nahe an der der Erwachsenen.

Korrektionen unter +0,5dpt sind als Myopie zu interpretieren und müssen im Sinne der Prävention behandelt werden.

Ab 14 Jahren kann eine klassische optometrische Messung erfolgen.

10 Kommentare zu „Kinder-Optometrie

  1. Kinderoptometrie IST Bestandteil der Hochschulausbildung! Teilweise wird sie sogar von besagtem Herrn Cagnolati aus erster Hand unterrichtet! (speziell im M.Sc.) Eine Spezialisierung kann dann natürlich nur durch die Praxis erfolgen. Hier gibt es viele Optometristen, so wie Herr Cagnolati, die sich dem Thema auch interdisziplinär durch ein entsprechendes Netzwerk annehmen.
    Du solltest für deine Behauptungungen, vielleicht auch mal ein pahr Zahlen und Quellen heranziehen und diese vor allem auch benennen.

    1. Salü – Danke für dein Feedback – Du kannst mir vermutlich zustimmen, das die meisten (ich sage 99,9%) aller Optiker die Kinderoptometrie anbieten keinen M.Sc. oder B.Sc. haben oder eine Hochschule von innen gesehen haben. Genau das ist es was ich aber fordere. Weiterbildung und Ausbildung, statt sich als Meister Themen zu erarbeiten und dann zu praktizieren, nachdem ich bei der WVAO 2 Tage ein Seminar gemacht habe. Dein Titel hat dich mehr Zeit gekostet als diese zwei Tage – daher würde ich vermuten du forderst auch konsequente Weiterbildung. Ich habe in meinen Büchern diverse Quellen und da ich hier keine Diplomarbeit abgegeben habe, mussten die auch nicht der einzelnen Aussage zusortiert sein. Alle Fachliteratur die erhältlich ist von Hr. Cagnolati habe ich gelesen, aber auf seinem Niveau habe ich bisher keinen praktizierenden Optiker getroffen – keinen – Sorry harte Worte, aber ich habe Kinder und muss mir schon überlegen wer so alles als “Experte” rumläuft weil er 2 Tage einen Kurs gemacht hat. Ich hoffe du hattest Spass das Buch zu erarbeiten – zum Glück muss man ja nie gleicher Meinung sein – Gruss an Alle und schöne Feiertage

      Ach ja mein neues Buch ist im Handel: http://www.op2metrie.blog
      Aber vorsicht das hat keine Quellen und einige gefährliche Aussagen die viele Optiker nicht gut finden werden.

      1. Mir ging es hauptsächlich um deine Aussage, das die Kinderoptometrie nicht Bestandteil der Hochschulausbildung Ausbildung wäre. Das ist einfach falsch!

        LG nach Erfurt.
        H.

      2. Danke für den Hinweis. Als ich 2018 die Daten dazu gesammelt habe habe ich Meisterschulen und FHs angeschrieben. Leider bekommt man nicht überall ein inhaltliches Skript – meist nur plakative Überschriften. Ich bleibe bis auf weiteres (Gegenbeweis) dabei das in Meisterschulen in D Kinderoptometrie bis heute kein ernsthaftes Thema ist. An FH sind Optometristen FH und B.Sc. sicherlich in der Beurteilung von Augen besser ausgebildet, aber in keiner Aufstellung konnte ich die Entwicklung der Augen, Besonderheiten für Kinder oder Therapie bei Kindern finden. Es ist immer in kleinen Häppchen im ganzen versteckt. Da ist jeder Strabologe, Orthoptist besser ausgebildet um Kinder zu betreuen. Der Augenarzt ist ein Experte für die Augen und auch für die Entwicklung bei Kindern, muss sich aber dennoch in diese spezielle Richtung weiterbilden. Das fehlt den Optikern und Optometristen meiner Meinung nach. M.sc. habe ich damals von der Beuth keine Unterlagen erhalten, also kann es natürlich sein das ich etwas übersehen habe. Dennoch muss ich sagen, kenne ich keinen der als M.Sc. sich auf Kinder spezialisiert hat. Also bleibe ich bei der Aussage das “seriöse” Kinderoptometrie an der Schule und FH keinen Raum hat. Hier ist Potential, aber kein Geld zu machen, deswegen wird das nix.

        Meine Meinung. Ich freue mich aber natürlich wenn du mir Daten zukommen lassen kannst in denen erkennbar ist was für Kinder gemacht wird. Also bitte ich dich genau so wie du mich um eine Quelle. – Das ist einfach falsch – wäre zu beweisen.

        Nochmals ein Block von 3 Tagen oder 20 Stunden im Semester ist für mich nicht seriös, sondern lächerlich. Ein Orthoptist macht eine dreijährige Ausbildung.

    1. Danke wenn ich den Flyer anschaue dann sehe ich das es einen sehr kleinen Teil des Studiums ausmacht. So wie ich das nichts. Ein Praktikum macht noch keinen Experten und den Inhalt erkennen ich an dem Flyer erst Recht nicht. Die Stunden sind überschaubar. Natürlich gibt es in anderen Fächern Überschneidungen sodass man im ganzen etwas mehr investiert, aber nur weil ich ein skiaskop benutzen kann, kann ich das noch lange nicht mit Kindern. Wird der Hirschberg Test geübt. Werden pleoptik und Therapie besprochen. Ich denke das man das alles in der Zeit nur überfliegen kann. Ein orthoptist lernt drei Jahre. Also das ist mir kein Beweis daß der akademische Optiker das kann.

  2. Eine Anmerkung noch dazu, dann ist es auch gut. Nur weil Du keinen kennst und noch keinen getroffen hast, heißt das doch noch lange nicht, dass es das nicht gibt! Oder hast du dir alle prakrizierenden Optometristen/Augenoptiker angeschaut? Du darfst meiner Meinung nach auch nicht vergessen, dass DU von einem Optiker kommst, der dahingehend wirklich keine Kompetenz mitbringt. Vielleicht liegst du da einem gewissen Haloeffekt auf.

    Diese Art soetwas überzubügeln und offensichtlich nicht richtig recherchiert zu haben, stört mich einfach sehr. Meine Meinung.

    1. Danke kann dich gerne stören. Ich habe nie behauptet alles recherchiert zu haben. Das wäre Quatsch, aber es gibt auf der Seite der wvao und über den zva Infos zu Kinder Experten. Die sind rar. Bei 12 Tausend Optikern sind auf diversen Seiten keine 100 Stück für Deutschland aufgeführt. Das sind also ein Prozent. Nach mir ist das nix, wenn ich an eine Versorgung der Bevölkerung denke. Die Anspielung auf meine Vergangenheit verstehe ich nicht. Vor meiner Zeit als Trainer für Fielmann war ich in diversen Traditionellen Betrieben und einige haben auch versucht sich auf Kinder zu spezialisieren. Ich denke ich habe also Erfahrung. Die neue und moderne Idee sich mit Myopie Management um Kinder zu kümmern ist nach meinem Verständnis ein nicht wirtschaftliches Unterfangen, das wird sich nicht rechnen. Hier machen ein paar Kollegen Geld und sich einen Namen. Gero Meyer in Frankfurt oder der Fetzer und natürlich Blaser aus der Schweiz mit einem MSc. Titel. Alle machen das mit Herz, aber dennoch vollkommen unwirksam und unwirtschaftlich. Ich habe lange recherchiert und meine Meinung ist, es gibt nur eine Handvoll Experten und einige die es gerne wären. Aber vielleicht 1-2 Prozent in Deutschland. Das ist echt wenig. In den USA ist jeder Optometrist ein Experte und sogar in Pakistan und Kenia.

      Bist du nicht mehr bei meinem ehemaligen Arbeitgeber aus Hamburg?

      1. Da sind doch die Zahlen und Quellen, danke. Jetzt besteht die Möglichkeit die Marktpräsenz in dem Bereich auch selbst zu bewerten. So sollte es sein.

      2. Freut mich, aber ich hatte erwartet das du die Zahlen kennst – mein Fehler. Die Seite ist im übrigen ja für Laien wie Experten und klar ist nicht jeder meiner Meinung. Ich freue mich das du rege die Kommunikation nutzt und den Austausch suchst. Grossartig. Bist du denn noch immer Trainer?

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