Lichtoptometrie

Wir haben drei Arten von Farbrezeptoren auf der Netzhaut.
Diese wandeln Licht in einen Nervenimpuls um und im Kopf wird dann eine Farbe interpretiert. Damit ist Farbe eine Empfindung und Wahrnehmung, die jeder Mensch anders erkennt. Farben alleine sind noch nicht ausreichend für uns. Ein Objekt weist zumeist auch einen Helligkeits-unterschied auf, Kontraste zu anderen Farben und die meisten Objekte eine Oberflächenstruktur.Damit können wir dann die Welt erkennen.
Nach Thomas Young (1773-1829) und Hermann von Helmholtz (1821-1894) sprechen wir auch gerne von der Dreifarbentheorie. Wir haben etwa doppelt so viele rote Zapfen wie Grüne und nur ca. 10 % sind für Blau zuständig.
Die Zapfen werden gelegentlich auch nach der Wellenlänge benannt.
Rot ist langwellig (Long)
Grün ist mittelwellig (Medium)
Blau ist kurzwellig (Short)
Dieses Konzept der Lichtwellenlängenverarbeitung erlaubt uns nach dem Prinzip der Trichromatizität, unsere Welt so wahrzunehmen, wie wir sie wahrnehmen. Der Vorteil ist, dass es aus wenigen Farbstoffen unglaublich viele Farbtöne erzeugen kann. Es handelt sich um etwa eine Million verschiedene Farbtöne, die wir erkennen können. Der Nachteil ist, dass wir manchmal bei unterschiedlicher Beleuchtung Dinge gleich oder ungleich wahrnehmen. Die meisten Säugetiere, ausser Menschen und Primaten, sind im Übrigen farbenblind, Experimente dazu lassen das vermuten.
Die Verarbeitung von Farben ist ein unglaublich komplexes System, das je nach Gehirnarchitektur unterschiedlich interpretiert wird. Stereotype Aussagen, dass Frauen und Männer Farben unterschiedlich erkennen, sind vermutlich wahr. Allerdings erkennen auch Frauen und Männer untereinander Farben abweichend zueinander. Es ist physikalisch und psychologisch sicher, dass jeder einzelne Mensch seine farbige Welt anders wahrnimmt. Blau als Farbe wird seit vielen Millionen Jahren auf der Netzhaut verarbeitet, also gesehen. Aber in der Literatur lassen sich wunderbar viele Beispiele erkennen, dass es früher in der Sprache kein Wort dafür gegeben hat. In Homers Odyssee (vermutlich 800 v. Chr.) beschreibt er das weinrote Meer. Diesen Sachverhalt hat William Gladstorm 1800 verwundert und er hat diverse Literatur überprüft und festgestellt, dass es, in dieser Zeit, kein Wort für Blau gab.
Ohne Licht kann das Sehen, wie wir es zumeist verstehen, erst gar nicht entstehen. Dieses Thema Licht hat bereits viele in der Vergangenheit bewegt. So war es Newton, der bereits die ersten physikalischen Grundlagen für unser heutiges Verständnis entwickelt hat, aber auch Johann Wolfgang von Goethe hat dort mitgemischt.
Goethe war seinerzeit vielmehr ein Wissenschaftler als Schriftsteller und hat eine Farbenlehre entwickelt, die, wie wir heute annehmen, grösstenteils auf falschen Grundlagen beruhte. Schon Schopenhauer, als Zeitgenosse von Goethe, und mit ihm in Briefkontakt stehend, entwickelte eine andere Version und veröffentlichte 1816 die Schrift „Ueber das Sehn und die Farben“. Auch dieser Inhalt ist spätestens nach Einstein, dem Dualismus des Lichtes und der Quantenphysik nicht mehr in allen Punkten schlüssig nachvollziehbar. Dennoch war Johann Wolfgang von Goethe bereits der Wirkung von Licht auf unseren Organismus auf der Spur und Schopenhauer der Wirkung auf die Psyche. Diese Ideen verfolgen alle heute existenten Theorien über Licht und Wirkung auf den Geist. Persönlich kann ich mir das in vielen Punkten sehr gut vorstellen, dass unterschiedliches Licht auch unterschiedliche Wirkungen haben soll.
Lichtoptometrie als Wortschöpfung ist an dieser Stelle nicht ganz optimal. Gemeint ist nicht das Ausmessen von Licht oder mit Licht, sondern jegliche Form der visuellen Versorgung, bei der Licht eine besondere Rolle spielt. Streng genommen ist das ja immer so, ohne Licht sehen wir nichts, können also auch nichts ausmessen.
Viele von uns kennen Infrarot als Wärmelampe, die sowohl unsichtbare warme Wellen wie auch etwas sichtbares rotes Licht abgibt. Auch am anderen Ende des Spektrums wissen wir heute, das Blau eine Farbe mit besonderem Charakter ist, sehr kurzwellig und energiereich, die aber nicht so tief ins Gewebe eindringt wie rotes Licht. Die Mitte im Spektrum ist Grün und auch gut untersucht, wird diese Farbe doch gerne in der klassischen Optik als Mittelwert bei 555nm benutzt.
Licht hat bestimmte Wirkungen, so wirkt Rot anregend und Grün eher entspannend. Diese Tatsache haben Goethe und Schopenhauer erkannt und beschrieben. In der modernen Variante finden wir eine lichtab-hängige Wahrnehmung bei den Irlen-Gläsern oder der Lichtwellen-therapie.
Lichtwellentherapie kann in Form von Filtergläsern eingesetzt werden. Einfachste Varianten davon sind sogenannte Entspannungsbrillen, die auch beim klassischen Optiker als Wellness-Brille angeboten werden. Es gibt aber auch die Syntonic-Optometrie, dahinter versteckt sich ein für den Laien und auch für den Profi sehr undurchsichtiges Gebilde an Gläsern, Lampen und speziellen Techniken zur Messung. Meist ange-boten auch von Funktional-Optometristen, die diese Technik als Ergänz-ung zur normalen Vorgehensweise nutzen.
Teuer und wissenschaftlich ohne Belege ist diese Form der Lichtwellen-therapie für mich die abstrakteste.
Wir wissen aber das Licht erheblichen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat und deswegen plädiere ich immer und immer wieder dafür mög-lichst viel natürliches Licht zu erleben. Die Augen haben sich unter dem Einfluss der Sonne entwickelt, künstliche Beleuchtungen sind erst seit wenigen Jahren der Evolution ein Teil unserer Geschichte. Die Beleuchtungen werden zwar immer besser und individueller, aber die Sonne liefert immer noch die beste Lichtwellentherapie, die ich kenne.
Syntonic
Harry Spitler legte 1920 den Grundstein für diese, nicht anerkannte, Wissenschaft. Farben, also spezieller die Wellenlängen, haben einzig-artige energetische und physikalische Effekte auf die biologischen Abläufe. Die Wirksamkeit der Methode wird in einer Studie bestätigt.
Diese Methode arbeitet mit Licht als Funktionsmittel. Mit Filtern und Lampen sollen bestimmte Erregungszustände erreicht oder verhindert werden. Eine Ausbildung dazu findet im Rahmen einer Weiterbildung statt. Die Methode versucht, sich wissenschaftlich aufzustellen, kann aber keine Beweise liefern und ist bisher nie seriös veröffentlicht worden.
Irlengläser
Die Pädagogin Helen Irlen hat in der Arbeit mit Kindern festgestellt, dass einige mit Leseschwäche unter bestimmten Lichtkontrasten besser lesen können.
Es hat sich eine eigene Kausalität entwickelt, bei der bei bestimmten Leseproblemen mit Filtern geholfen werden kann. Diese Farben werden entweder als Folie auf das Papier gelegt oder in eine Brille einge-arbeitet. Die Ausbildung zu einem Irlentherapeuten ist keine aner-kannte Weiterbildung oder gar ein Beruf. Es sind Erfahrungen, so sehe ich das, die weitergegeben werden. Diese Idee ist im Übrigen gar nicht so neu, wie bereits erwähnt, experimentierte bereits Goethe mit solchen Verfahren.
Der Erfolg ist vorhanden, viele Kinder lesen mit der Brille besser. Der wissenschaftliche Beweis fehlt jedoch noch. Die Fragestellungen an die Kinder erinnern mich an deutsche Optiker, die dann eine Prismen-messung an den Kindern durchführen. Wer also schlecht lesen kann, könnte scheinbar mit einer Lichttherapie oder einem Prisma Erleicht-erung erhalten. Beides sind aber immer Behandlungen der Symptome, niemals eine Frage nach der Ursache.
Irlentherapeuten zu finden ist gar nicht so einfach und sie sind auch nicht besonders breit gestreut, sodass man manchmal doch einige Kilometer Fahrtzeit in Kauf nehmen muss. Aber ich finde, es darf gerne ausprobiert werden, und jeder soll sich seine eigene Meinung bilden.
Symptome der vermuteten neuronalen Funktionsstörungen nach Irlen:
Langsam lesen
Verzögerung beim Lesen
Müdigkeit
Kopfschmerzen
trockene Augen
Schriftbild unruhig
Ungeschicklichkeit
Konzentrationsschwäche
Die Ausbildung zum Irlen-Therapeuten kostete im März 2019 in der Schweiz 900 CHF und wurde in 2 Tagen absolviert.
In der Schweiz und auch anderswo wurden angeblich sehr erfolgreiche Versuche mit Irlen-Filtern bei Autisten gemacht. Die bis heute nicht ganz klar erklärbare Ursachen für Autismus sind nach den Irlentherapeuten ein zerebrales Dilemma, das sich auch auf die Sehfähigkeit niederschlägt. Mit den Filtern waren viele Autisten besser im Umgang mit anderen Menschen und konnten mehr Aufmerksamkeit aufbringen. Für diese Therapie fehlen alle wissenschaftlichen Beweise, auch wenn gelegentliche Publikationen von Doktoren verfasst werden.
Spezielle Lichttherapie
Es gibt eine spezielle Lichttherapie, bei der eine Mischung von UV-Licht und hellem gelblichen Licht zum Einsatz kommt. Das Spektrum soll in etwa dem natürlichen Zustand am Äquator entsprechen. Der Einsatz ist vielfältig und wird zum Beispiel auch erfolgreich bei Rückenschmerzen angewandt. Das finde ich äußerst spannend, denn es gibt auch die viel bekannteren Infrarot-Lampen, die mit Wellen im Infrarot-Bereich Wärme erzeugen. Damit sind Lichtwellentherapien, die auf beiden Seiten des Lichtspektrums angesiedelt sind im Einsatz. Das lässt bei mir die Vermutung entstehen, dass das natürliche Licht für unseren Organismus eine entscheidende Bedeutung hat, so natürlich auch für die Augen. Wenn wir Menschen uns zunehmend in künstlicher Be-leuchtung aufhalten, entziehen wir unserem Körper vermutlich wichtige Bestandteile, die dem Sonnenlicht innewohnen.
Allgemeine Licht- oder Farbentherapien
In Indien wird auch heute noch Wasser hinter farbiges Glas direkt in die Sonne gestellt. Die Kraft der Sonne soll danach bestimmte Energien auf das Wasser übertragen, je nachdem welche Farbe das Glas hat.
Rot soll eine besonders beruhigende Wirkung auf Kinder haben. Auch kann man diese Farbwahrnehmungen aktiv in der Gestaltung der Räume benutzen. Eine in frischem Pflanzengrün gestrichene Wand hat seit alters her eine wirksame und heilende Kraft für alle Bewohner.
Eine weitere Therapieform sind sogenannte Eyelights-Brillen, diese geben Lichtimpulse ab und animieren so die Augenfunktion. Diese Brillen finden sich bei einigen Sport-Optometristen in den USA wieder und werden auch als Therapie für AD(H)S-Kinder eingesetzt. Nach Aussagen der Anwender sehr erfolgreich. Mir erschliesst sich der Nutzen nicht, aber vielleicht habe ich es auch nur nicht ganz ver-standen.
Auch gibt es eine Vielzahl von Leuchtmitteln, die dem natürlicheren Sonnenlicht näherkommen, sogenannte Tageslichtlampen. Diese Beleuchtungen sind spontan sicherlich sehr glaubwürdig, langfristig aber bleibt die Sonne gesünder und das Spektrum vielfältiger. Tageslicht-Brillen sind mir das erste Mal in der Schweiz in Lausanne begegnet. Hier setzt der Kunde eine Brille mit LEDs auf, die dann relativ direkt die Augen beleuchten und stimulieren sollen. Gekauft habe ich mir davon keine, denn es war ein sehr sonniger Tag.