Der Einfluss der modernen Technologie auf die Augengesundheit von Kindern ist ein wachsendes Anliegen der Augenärzte. In einer Welt, in der Smartphones und Tablets allgegenwärtig sind, hat sich die Myopie oder Kurzsichtigkeit zu einer weitverbreiteten Erscheinung entwickelt. Professor Dr. Bettina Wabbels, Leiterin der Abteilung für Orthoptik, Neuro- und pädiatrische Ophthalmologie der Universitäts-Augenklinik Bonn, erklärt die Zusammenhänge und gibt Empfehlungen zur sicheren Nutzung dieser Geräte.
👁️ Myopie auf dem Vormarsch
In Industrieländern ist die Myopie in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat diese Entwicklung bereits als ein globales Gesundheitsproblem identifiziert. In Deutschland sind fast die Hälfte der jungen Erwachsenen kurzsichtig, während in einigen asiatischen Ländern bis zu 95% der Bevölkerung betroffen sind. Die Myopie-Welle steht uns in Deutschland noch bevor.
🧬 Umweltfaktoren und Verhalten als Hauptursachen
Genetische Faktoren spielen zwar eine Rolle, aber die rasche Zunahme der Myopie ist vor allem auf Umweltfaktoren und Veränderungen im Verhalten zurückzuführen. Etwa 50% der Myopien werden durch diese Faktoren verursacht. Dazu gehören langer und früher Gebrauch von Smartphones, Tablets und Computern sowie ein Mangel an Zeit im Freien bei Tageslicht.
👀 Der Fokus auf den Nahbereich
Kinder, die elektronische Medien nutzen, verbringen mehr Zeit im Nahbereich ihrer Bildschirme als beim Betrachten eines Bilderbuchs. Dies kann dazu führen, dass der Augapfel wächst und das Kind kurzsichtig wird. Studien an Tieren bestätigen, dass das Augenlängenwachstum visuell gesteuert wird. Neben Sehhilfen kann Myopie auch zu schwerwiegenden Augenproblemen wie Netzhaut-Ablösung, Makula-Schäden und Glaukom führen.
📱 Empfehlungen zur Nutzung
Prof. Dr. Bettina Wabbels empfiehlt folgende Höchstdauer für die tägliche Nutzung von Smartphones, Tablets und Computern je nach Altersgruppe:
- Bis 3 Jahre: Keine Nutzung
- 4 bis 6 Jahre: Ca. 30 Minuten pro Tag
- 6 bis 10 Jahre: Ca. 1 Stunde pro Tag
- Ab 10 Jahren: Ca. 2 Stunden pro Tag (neben schulischem Gebrauch)
Ein Mindestabstand von 30 cm zwischen Auge und Bildschirm sollte ebenfalls eingehalten werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der konkrete Einfluss von Smartphones und Tablets auf die Entwicklung der Myopie weniger quantifizierbar ist als beispielsweise der Einfluss von Tageslicht.
💡 Tageslicht als Schutz
Um das Risiko von Myopie zu verringern, sollten Kinder täglich mindestens 2 Stunden im Tageslicht verbringen. Selbst an bewölkten Tagen bietet Tageslicht eine erheblich höhere Lichtintensität als künstliches Licht in geschlossenen Räumen. Dies hilft, die Augen gesund zu halten.
😴 Einschlafprobleme und Blaulicht
Besonders kritisch ist die Nutzung von Smartphones und Tablets vor dem Schlafengehen. Das enthaltene Blaulicht kann die Ausschüttung von Melatonin reduzieren und zu Schlafstörungen führen. Es wird empfohlen, elektronische Geräte 1 bis 2 Stunden vor dem Schlafengehen nicht zu nutzen oder zumindest den Blaulichtfilter zu aktivieren – dies gilt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene.
📊 Die Realität und die BLIKK-Studie
Aktuelle Ergebnisse der BLIKK-Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte durchgeführt wurde, zeigen, dass die tatsächlichen Nutzungszeiten oft über den Empfehlungen liegen. 17% der 13- bis 14-jährigen Jugendlichen gaben an, Probleme mit der Kontrolle ihres Medienverhaltens zu haben.
Es liegt an Eltern, Regeln für die Mediennutzung aufzustellen oder technische Beschränkungen für die Nutzungsdauer der Geräte einzurichten.
In einer Welt, in der Technologie allgegenwärtig ist, ist es entscheidend, das Gleichgewicht zwischen dem Nutzen elektronischer Geräte und der Erhaltung der Augengesundheit zu finden. Lasst uns auf die Empfehlungen der Augenärzte hören und sicherstellen, dass unsere Kinder in einer gesunden Umgebung aufwachsen.
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4907346
https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/alltagstipps/mediennutzung/hoechstdauer/
